Forschungs- und Beratungsstelle für betriebliche Arbeitnehmerfragen Partnerschaft der Ingenieure und beratenden Betriebswirte
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Forschungs- und Beratungsstelle für betriebliche Arbeitnehmerfragen

Einleitung

Orientierungshilfen für die Arbeit im Wirtschaftsausschuss

Dieses Handbuch will Orientierungshilfen für die Arbeit im Wirtschaftsausschuss (WA) geben. Im Zusammenhang mit den Vorschriften und Handlungsmöglichkeiten eines WA werden immer wieder dieselben Fragen gestellt: Welche wirtschaftlichen Informationen braucht der BR für seine Arbeit, um die Interessen der Arbeitnehmer möglichst effektiv zu vertreten? Welchen Nutzen haben in diesem Zusammenhang wirtschaftliche Unterlagen und betriebswirtschaftliche Kenntnisse? Wie kann der WA möglichst wirksam für die Beschaffung, Auswertung und Verwendung von wirtschaftlichen Informationen eingesetzt werden? Welche Informationsmöglichkeiten hat der WA, die der BR nicht hat? Welche Informationen und Unterlagen darf der WA an wen weitergeben? Wie sollte eine WA-Sitzung vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden?

Es kommt immer wieder vor, dass ein Unternehmer behauptet, dass es im Unternehmen keine systematische Unternehmensplanung und auch keine regelmäßige Personalplanung gäbe - wie kann das überprüft werden? Der Unternehmer informiert weder rechtzeitig noch umfassend über beabsichtigte Investitionen und geplante Projekte, Unterlagen zu ihrer Finanzierung werden nicht vorgelegt, eine Kosten-Nutzen-Rechnung ist angeblich nicht vorhanden - was ist zu tun? Der Unternehmer gibt keine detaillierten Erläuterungen zum Jahresabschluss und legt auch nicht den Bericht des Wirtschaftsprüfers zur Einsichtnahme vor. Er beruft sich hierbei auf das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis - welche Rechtsmöglichkeiten sind gegeben?

Oft reagieren WA- und BR-Mitglieder ziemlich unsicher auf solche Situationen und Fragen. Dies gilt einerseits bzgl. der umfassenden Informationsansprüche des WA und ihrer praktischen und rechtlichen Durchsetzung und ist andererseits begründet durch erhebliche Defizite bzgl. der erforderlichen Kenntnisse über die betriebswirtschaftlichen Instrumente und Abläufe, die der Unternehmer zur Steuerung des Unternehmens und zur Vorbereitung seiner wirtschaftlichen Entscheidungen nutzt. Oft vermuten WA-Mitglieder, dass der WA über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens weder rechtzeitig noch umfassend informiert wird. Sie können jedoch diese Vermutung gar nicht oder nur unzureichend belegen, weil das Wissen über die betriebswirtschaftlichen Planungs- und Steuerungssysteme und über das Controlling im Unternehmen fehlt. Und oft scheuen sie Konflikte zur möglichen Durchsetzung von gegebenen Informationsansprüchen, weil die Bedeutung von wirtschaftlichen Informationen und Planungsdaten unterschätzt oder die Risiken solcher Konflikte überschätzt werden.

Die Autoren dieses Handbuchs gehen auf die wesentlichen betriebspolitischen, inhaltlichen, organisatorischen und rechtlichen Fragen zur WA-Arbeit ausführlich ein. Ziel des Handbuchs ist es, klare Vorstellungen und Orientierungen zu geben, wie die Arbeit im WA möglichst sinnvoll und wirksam gestaltet werden kann.

Hierzu gehört zunächst, dass die Bedeutung regelmäßiger Informationen zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens im Kap. II erläutert wird: Oft können die Mitbestimmungs-, Mitwirkungs- und Beratungsrechte durch den BR erst richtig wahrgenommen werden, wenn wirtschaftliche Sachinformationen vorliegen. Entweder weil aus den wirtschaftlichen Informationen und Unterlagen Risiken für die Arbeitnehmerinteressen frühzeitig zu erkennen sind oder weil aus den Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung die Begründung von Forderungen der Arbeitnehmerseite im Interesse der Arbeitnehmer/-innen des Betriebs oder des Unternehmens möglich wird.

Ein wesentlicher Schwerpunkt des Handbuchs (Teil A) bezieht sich auf das erforderliche betriebswirtschaftliche Grundwissen für eine gute WA-Arbeit, ferner auf die Frage, wie mit Informationen und Unterlagen zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten sinnvoll umzugehen ist. Der richtige Umgang mit Planungsunterlagen, mit der monatlichen kurzfristigen Erfolgsrechnung (KER) aus dem Berichtswesen, mit einer Deckungsbeitragsrechnung oder mit den Zahlen des Jahresabschlusses setzt voraus, dass das betriebswirtschaftliche Grundwissen vorhanden ist. Dies soll vor allem in den Kapiteln II (Interne Informations- und Planungs-Systeme) und III (Controlling, Berichtswesen, kurzfristige Erfolgsrechnung) sowie in Kap. IV (Externe Informationspflichten - Der Jahresabschluss) vermittelt werden.

Angenommen, der Unternehmer würde alle Plandaten und alle Ist-Zahlen, sein gesamtes Berichts- und Rechnungswesen dem WA zugänglich machen; jeder WA wäre mit diesen vielfältigen Detailinformationen überfordert. Im Kap. V (Arbeitnehmerorientiertes Kennzifferninformationssystem) wird deshalb die Frage behandelt, welche Informationen von besonderer Bedeutung für die WA-Arbeit sind und wie diese Informationen systematisch aufbereitet und ausgewertet werden können.

Eine erfolgreiche und zielgerichtete Informationsarbeit im WA, die dem BR wichtige Zuarbeiten für die wirksame Wahrnehmung seiner Rechte und Handlungsmöglichkeiten leistet, bedarf einer zweckmäßigen Organisation. U.E. ist die durchdachte Organisation der WA-Arbeit eine weitere wesentliche Voraussetzung für eine gute WA-Arbeit. Deshalb werden in den Kap. I und II von Teil B zahlreiche Vorschläge zur Organisation der WA-Arbeit gemacht.

Letztlich brauchen WA-Mitglieder auch das erforderliche Rechtswissen , um ihre betriebspolitischen, inhaltlichen und organisatorischen Vorstellungen zur WA-Arbeit auch rechtlich begründet einfordern zu können. Die Darstellung der Rechtssituation und der gegebenen rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten wurde absichtlich an das Ende des Handbuchs in Kap. III des Teil B gestellt. Denn erst einmal sind die betriebspolitischen und inhaltlichen sowie auch die organisatorischen Soll-Vorstellungen des WA vorrangig. Die Frage, wie der WA inhaltlich und organisatorisch arbeiten sollte, ist u.E. nicht nur in Abhängigkeit von der Rechtssituation zu klären, sondern ist vor allem eine gemeinsame betriebspolitische Entscheidung der WA- und der BR-Mitglieder. Grundsätzlich ist der WA ein Hilfsorgan des Betriebsrats: Er soll für den BR als Kompetenzcenter, zuständig für die Information über die wirtschaftlichen Angelegenheiten und deren Beratung mit dem Unternehmer, handeln und hat dem BR über jede WA-Sitzung unverzüglich und vollständig zu berichten. Diese Berichte sind für die Arbeit des BR dann besonders wertvoll, wenn der WA im Rahmen seiner Servicefunktion für den BR nicht nur über die Inhalte der WA-Sitzung berichtet, sondern gleichzeitig Bewertungen und Schlussfolgerungen für die BR-Arbeit vorträgt.