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Bilanzanalyse leicht gemacht

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Leseprobe

I. Der Konzernbegriff

In den Konzernabschluss sind neben dem Mutterunternehmen grundsätzlich alle Tochterunternehmen einzubeziehen (§ 294 Abs. 1 HGB). Das heißt, es müssen auch die ausländischen Tochtergesellschaften einbezogen werden. Man kann also beim Konzernabschluss von einem »Weltabschluss« sprechen. Allerdings brauchen Tochterunternehmen nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden, wenn dies für die Verpflichtung, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung ist (§ 296 Abs. 2 HGB).Ein Konzern besteht aus rechtlich selbständigen Unternehmen, von denen ein Unternehmen (die Muttergesellschaft) einen beherrschenden Einfluss auf die anderen Konzernunternehmen (die Tochtergesellschaften) ausübt (§ 290 HGB). Durch das BilMoG wird das bisherige Konzept einer einheitlichen Leitung zugunsten des Kontrollkonzeptes aufgegeben. Damit fallen der Konzernbegriff nach dem Betriebsverfassungsgesetz, der einen Unterordnungskonzern i.S.v. § 18 Abs. 1 AktG voraussetzt, und der für den Konzernabschluss maßgebliche Konzernbegriff auseinander.

Tochterunternehmen können allerdings gleichzeitig auch als Mutterunternehmen fungieren; d. h., sie haben eigene Tochterunternehmen und bilden mit ihren Töchtern einen Teilkonzern.

Die Beibehaltung der rechtlichen Selbständigkeit führt dazu, dass der Konzern selbst keine rechtliche, sondern lediglich eine wirtschaftliche Einheit darstellt. Das hat u. a. zur Folge, dass der Konzern nicht über eigene Organe (z. B. Hauptversammlung, Aufsichtsrat, Vorstand/Geschäftsführung) verfügt, keine Anteilseigner hat, keine Gewinnverwendung vornimmt und nicht als selbständiges Steuerobjekt der Besteuerung unterliegt. Auch verfügt der Konzern nicht über eine eigene Konzernbuchführung als Grundlage für den Konzernabschluss. Vielmehr wird der Konzernabschluss aus den Einzelabschlüssen der Konzernunternehmen abgeleitet, allerdings mit der Möglichkeit einer von den Einzelabschlüssen abweichenden bilanzpolitischen Zielsetzung.

2. Bedeutung von Konzernabschlüssen

Die Globalisierung befördert Konzentrationstendenzen in der Wirtschaft mit der Folge zunehmender nationaler, vor allem aber auch internationaler Unternehmenszusammenschlüsse bei gleichzeitiger dezentraler Organisation. Wegen der vielfältigen wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen und Abhängigkeiten der Konzernunternehmen untereinander nimmt die Aussagekraft der Einzelabschlüsse deutlich ab, weil beispielsweise Gewinnverlagerungen und -abschöpfungen zu Verzerrungen führen oder es innerhalb eines Konzerns zu Doppelabrechnungen von Umsätzen, Eigenkapital und Beteiligungsbuchwerten kommt. Der Konzernabschluss hat eine reine zusätzliche Informationsfunktion zur Beseitigung der Informationsdefizite der Einzelabschlüsse von Konzerngesellschaften. Er hat die Aufgabe, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns als wirtschaftliche Einheit zu vermitteln (§ 297 Abs. 3 S. 1 HGB) was dem englischen »true and fair view«-Grundsatz entspricht und sich auch in IAS 1.15, als ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild, ausdrückt.

Von besonderer Bedeutung ist der Konzernabschluss für die Arbeitnehmervertreter:innen im Aufsichtsrat aber auch unter rechtlichen Aspekten. Schließlich hat der Aufsichtsrat eines Mutterunternehmens den Konzernabschluss (zusammen mit dem Konzernprüfungsbericht) nicht mehr nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern, wie vorher schon den Einzelabschluss des Mutterunternehmens, einer eigenständigen Prüfung zu unterziehen und über das Ergebnis dieser Prüfung Bericht zu erstatten (§ 171 Abs. 1 AktG).

3. Rechtliche Grundlagen

3.1 Aufstellungspflicht und Umfang des Konzernabschlusses

Die Pflicht zur Konzernrechnungslegung ist nach § 290 HGB auf Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, KGaA) beschränkt. Darüber hinaus regelt das Publizitätsgesetz in den §§ 11-13 PublG rechtsformunabhängig die Pflicht zur Konzernrechnungslegung für Konzernobergesellschaften (Mutterunternehmen), soweit sie bestimmte Größenkriterien erfüllen (vgl. Abb. 37).

Gemäß § 290 Abs. 1 HGB besteht eine Pflicht zur Erstellung eines Konzernabschlusses, wenn Unternehmen (Tochterunternehmen) von einer Konzernobergesellschaft (Mutterunternehmen) im Inland beherrscht werden. Ein beherrschender Einfluss der Muttergesellschaft liegt vor, wenn

  • ihr bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zusteht;
  • ihr bei anderen Unternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen und es gleichzeitig Gesellschafter ist;
  • ihr das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik aufgrund eines Beherrschungsvertrags oder aufgrund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen oder
  • die Mehrheit der Risiken und Chancen an einer Zweckgesellschaft trägt, wobei es auf die Möglichkeit der Einflussnahme ankommt (§ 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB). Zweckgesellschaften sind Unternehmen, die zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels der Muttergesellschaft dienen, z. B. Leasingobjektgesellschaften oder Asset-Backed-Securities-Gesellschaften.

Von der grundsätzlichen Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses gibt es zwei Befreiungstatbestände. Gemäß § 291 Abs. 1 HGB ist ein Mutterunternehmen, das zugleich Tochterunternehmen eines Mutterunternehmens mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der EU ist (mehrstufiger europäischer Konzern), von der Pflicht zur Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses befreit, wenn das zu befreiende Mutterunternehmen und seine Tochterunternehmen in den Konzernabschluss des übergeordneten Mutterunternehmens einbezogen werden. Gemäß § 293 Abs. 1 HGB ist ein Mutterunternehmen von der Pflicht eines Konzernabschlusses befreit, wenn an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen mindestens zwei der drei Größenmerkmale - Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Zahl der Arbeitnehmer - unterschritten werden (s. Abb. 37). Für Kreditinstitute und Versicherungen gelten Sonderbestimmungen (§ 293 Abs. 2 und 3 HGB). Gemäß EU-Verordnung sind börsennotierte Unternehmen verpflichtet, ihren Konzernabschluss nach IAS/IFRS (und nicht nach HGB oder US-GAAP) zu erstellen (§ 315a Abs. 1 HGB). Nicht börsennotierte Unternehmen können anstelle des handelsrechtlichen Konzernabschlusses einen IFRS-Konzernabschluss aufstellen und veröffentlichen (befreiendes Wahlrecht gem. § 315a HGB).

In den Konzernabschluss sind neben dem Mutterunternehmen grundsätzlich alle Tochterunternehmen einzubeziehen (§ 294 Abs. 1 HGB). Das heißt, es müssen auch die ausländischen Tochtergesellschaften einbezogen werden. Man kann also beim Konzernabschluss von einem »Weltabschluss« sprechen. Allerdings brauchen Tochterunternehmen nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden, wenn dies für die Verpflichtung, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung ist (§ 296 Abs. 2 HGB).

Der Konzernabschluss unterscheidet sich im Aufbau zunächst einmal nicht vom Einzelabschluss eines Unternehmens. Er besteht aus einer Konzernbilanz, einer Konzern-GuV und einem Konzernanhang. Der Konzernanhang muss jedoch zusätzlich Angaben zum Kreis der konsolidierten (in den Konzernabschluss einbezogenen) Unternehmen und den angewandten Konsolidierungsmethoden enthalten. Die im Konzernanhang zu machenden Angaben entsprechen im Wesentlichen denen, die im Anhang eines Einzelunternehmens aufgeführt werden müssen, nur dass sich diese Angaben auf den gesamten Konzern beziehen. Von daher ist es verständlich, dass es der Gesetzgeber zulässt, dass der Konzernanhang und der Anhang des Jahresabschlusses des Mutterunternehmens zusammengefasst werden dürfen (§ 298 Abs. 3 HGB). Aus dem zusammengefassten Anhang muss allerdings hervorgehen, welche Angaben sich auf den Konzern und welche Angaben sich nur auf das Mutterunternehmen beziehen.

Abb. 37
Rechnungslegungs-, Prüfungs- und Veröffentlichungspflicht von Konzernen in Abhängigkeit von der Rechtsform und der Größe

1 = Abgesehen von Sonderregelungen für Kreditinstitute und Versicherungen, für die auch andere Größenkriterien gelten, und für Genossenschaften, für deren Jahresabschluss die meisten Regeln wie für Kapitalgesellschaften gelten, für deren Konzernabschluss aber nur das Publizitätsgesetz gilt.

2 = Pflicht zur Erstellung eines Konzernabschlusses nur, wenn zwei der drei Größengrenzen überschritten werden.

3 = nur bei börsennotierten Mutterunternehmen. EBAZ = Elektronischer Bundesanzeiger

Der Konzernabschluss besteht aber neben der Konzernbilanz, der Konzern-GuV und dem Konzernanhang auch noch aus einer Kapitalflussrechnung und einem Eigenkapitalspiegel (§ 297 Abs. 1 HGB). Der Konzernabschluss kann um eine sog. Segmentberichterstattung erweitert werden (§ 297 Abs. 1 HGB), die über die im Konzernanhang (§ 314 Abs. 1 Nr. 3 HGB) geforderte Aufgliederung der Umsatzerlöse hinausgeht. Findet eine Segmentberichterstattung statt, so kann die Aufgliederung der Umsatzerlöse im Anhang unterbleiben (§ 314 Abs. 2 HGB). Da bereits im Einzelabschluss auf die Kapitalflussrechnung (s. Abschn. B. II.3.c), den Eigenkapitalspiegel (s. Abschn. B.II.3.d) und die Segmentberichterstattung (s. Abschn. B.II.3.e) ausführlich eingegangen worden ist, wird auf diese Abschnitte verwiesen. Die Pflichtangaben im Konzernanhang sind in Abb. 48 (Abschn. C.VI) dargestellt.

Wie beim Einzelabschluss ist auch der Konzernabschluss um einen Konzernlagebericht zu erweitern (§ 315 HGB). Die Inhalte des Konzernlageberichts sind in Abschn. D.I.2 dargestellt.

Abb. 38
Konzern-Rechnungslegung der Kapitalgesellschaften

• »Kleine Konzerne« brauchen keinen Konzernabschluss und keinen Konzernlagebericht aufzustellen (§ 293 HGB). Mutterunternehmen, die zugleich Tochterunternehmen eines Mutterunternehmens mit Sitz in der EU/des EWR sind, brauchen unter bestimmten Voraussetzungen keinen Konzernabschluss und Konzernlagebericht aufzustellen (§ 291 HGB).

3.2 Konzernabschlüsse nach internationalen Rechnungslegungsstandards

Die EU-Kommission erließ 2002 eine Verordnung Nr. 1606/2002, nach der Mutterunternehmen mit Sitz innerhalb der EU ihren Konzernabschluss nach LA.S bzw. nach den Nachfolgestandards IFRS (International Financial Reporting Standards) aufzustellen haben. Weil keine Rechnungslegungskompetenzen an ein privatrechtliches Gremium (IASB) abgetreten werden sollen, stehen die LAS/ IFRS unter dem Vorbehalt der Anerkennung durch die EU-Kommission. Die sog. IAS-Verordnung der EU wurde bei gleichzeitiger Aufhebung des § 292a Abs. 1/ HGB mit dem § 315a Abs. 1 HGB in deutsches Recht umgesetzt. Danach haben kapitalmarktorientierte Muttergesellschaften einen Konzernabschluss nach IAS/IFRS aufzustellen. Darüber hinaus können alle Unternehmen, die zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind, diesen freiwillig nach den internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS/IFRS) aufstellen (§ 315a HGB).

Was nun die Bezeichnung der internationalen Rechnungslegungsstandards anbelangt, so gibt es hier eine gewisse Begriffsverwirrung. Viele sprechen nur von IAS, andere von IFRS und wieder andere (wie in diesem Buch) von IAS/IFRS. Im IAS-Rahmenkonzept werden als Adressaten eines nach IAS aufgestellten Jahresabschlusses neben den Investoren, den Kreditgebern, den Lieferanten, den anderen Gläubigern, den Kunden, der Öffentlichkeit, der Regierung ausdrücklich die Beschäftigten und ihre Vertretungen genannt. Folgende IAS/IFRS Standards sind für die Konzernrechnungslegung von großer Bedeutung:

  • IFRS 10 (Erstellung und Darstellung von Konzernabschlüssen)
  • IFRS 3 (Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen)
  • IAS 21 (Wechselkursveränderungen/Bewertung von Vermögen und Schulden in einer fremden Währung)
  • IFRS 11 (Bilanzierung gemeinsamer Vereinbarungen, z.B. Joint Ventures, Gemeinschaftsbetrieb)
  • IAS 28 (Anteile an assoziierten Unternehmen mit der Equity Bewertung)
  • IFRS 16 (Bewertung und Ausweis von Leasingverhältnissen).