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Übernahme durch Finanzinvestoren

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Leseprobe

1.2 Hedgefonds

Ursprüngliche Bedeutung von Hedgefonds

Die Bezeichnung Hedgefonds ist ein unscharfer Sammelbegriff für private, spe­ziell gemanagte Investmentgesellschaften. Ursprünglich wurden Hedgefonds zur Absicherung unabwägbarer Risiken, z. B. aufgrund von Währungs- oder Rohstoff­preisschwankungen, gegründet. Aus dieser Zeit stammt auch die Bezeichnung Hedgefonds. Sie stammt aus dem Englischen to hedge und bedeutet absichern, sich schützen (Kamp/Krieger, 2005, S.27).

Heutige Bedeutung

Heute sind Hedgefonds eigenständige Anlageinstrumente mit sehr unterschiedlichen Anlagestrategien und Risikoprofilen. Grundsätzliches Ziel von Hedgefonds ist es, sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Devisen-, Aktien-, Anleihen- und Rohstoffmärkten durch Ausnutzen der Preisschwankungen Gewinne zu erzie­len. Insofern beinhaltet das Geschäftsmodell der Hedgefonds ein stark spekulati­ves Moment, das entsprechende Risiken birgt.

Aktivistische Hedgefonds wurden in Deutschland erst seit Anfang 2004 unter be­stimmten Auflagen nach dem Investment-Gesetz zugelassen. Sie gelten als AIFM nach dem KAGB und unterliegen - wie PEG - der Finanzaufsicht der BaFin. Es gel­ten die umfassenden Berichts- und Transparenzvorschriften sowie die Regelun­gen zur Managervergütung.

Wie die Fonds der PEG sind die aktivistischen Hedgefonds als Limited Partners- hip«-vergleichbar der deutschen GmbH & Co. KG - organisiert. Die Anleger beteiligen sich als »Limited Partner« (Kommanditisten) am Hedgefonds und haften nur mit ihrer Einlage. Das Management ist mit durchschnittlich 9% an seinen Hedgefonds beteiligt (www.bvai.de/fileadmin/PDF/FactSheet-Hedgefonds.pdf). Die Managementgebühren betragen in der Regel 2% des Anlagebetrags - ein für Investmentfonds sehr hoher Wert-; außerdem ist der Hedgefonds am erwirt­schafteten Gewinn beteiligt (20%-40%).

Sitz der Hedgefonds

Um den strengen Regularien für Investmentfonds zu entgehen, lassen sich die Hedgefonds vor allem in der Karibik (Bahamas, Kaiman-Islands), den britischen Kanalinseln oder Gibraltar registrieren (Kamp/Krieger, 2005, S.29). Mit Einführung des KAGB im Jahr 2013 müssen alle Hedgefonds (auch solche mit Sitz außerhalb der EU) eine Zulassung nach KAGB beantragen, um auf dem deutschen Markt tätig zu werden. Sie fallen damit unter die regulatorischen Bestimmung des KAGB. Die meisten Einschränkungen gelten aber nur für Fondsprodukte für private Anleger.

Die größten Hedgefonds weltweit

Ende 2016 verwalteten Hedgefonds weltweit über 3.000 Mrd. US-$. Die fünf größten weltweit agierenden Hedgefonds sind (in Klammer: verwaltetes Vermögen in Mrd. US-$): Millenium Partners (181,5 Mrd. US-$), Citadel Global Fixed Income Master Fund (80 Mrd. US-$), Black River Firv Oppertunity Master Fund (63 Mrd. US-$), Bluecrest Capital International Master Fund (50,2 Mrd. US-$), Adage Capital Management (48,2 Mrd. US-$). Alle Angaben lt. Manager Magazin v. 17.4.20 (http://www.manager-magazine.de/koepfe/die-groessten-hedgefonds-millenium-citadel-adage-bluecrest-a-1054407-5.html).

Die größten Hedgefonds europaweit

Die größten europäischen Hedgefonds sind: MAN Investments (34,1 Mrd. US-$).
Blackrock (34 Mrd. US-$), Brevan Howard (32,1 Mrd. US-$), Blue Crest Capital Management (26,8Mrd. US-$) und Winton Capital Management (22,4 Mrd. US-$) Alle Angaben lt. Private Banking Magazin (http://www.private-banking-magazin.de/die-groessten-hedge-fonds-gesellschaften-europas-1315041322).

Anlagestrategien der Hedgefonds

Die wesentlichen Anlagestrategien von Hedgefonds lassen sich folgendermaßen charakterisieren Kamp/Krieger, 2005, S. 28 f.):

Spekulations­geschäfte

Arbitragegeschäfte: Hedgefonds kaufen entweder unterbewertete Wertpapiere, Devisen oder Rohstoffe mit Kurssteigerungspotenzial in der Erwartung, sie zu einem späteren Zeitpunkt mit Gewinn wieder verkaufen zu können (so genannten Long Position). Oder sie leihen sich überbewertete Wertpapiere, Devisen oder Rohstoffe gegen Zahlung einer Leihgebühr und verkaufen sie sofort an andere Marktteilnehmer (so genannte Short-Position oder Leerverkäufe, da der Hedgefonds als Verkäufer nicht der Eigentümer ist) in der Erwartung, dass bis zum Zeitpunkt der vereinbarten Rückgabe der geliehenen Vermögensgegen­stände der Preis gefallen sein wird und der Hedgefonds die geliehenen Vermö­gensgegenstände zu einem niedrigeren Preis am Markt kaufen und an den Ent­leiher zurückgeben kann. Die Differenz zwischen hohem Verkaufs- und niedri­gem Einkaufspreis nennt man Arbitragegewinn. Geht diese Strategie nicht auf- wie zuletzt 2008 bei der VW-Aktie - können je nach Umfang der Spekulation Verluste in Milliardenhöhe eintreten. Zwischenzeitlich hatte die Finanzaufsicht BaFin ungedeckte Leerverkäufe in Aktien von Finanzinstituten und Staatsan­leihen aus Euro-Ländern verboten. Das Verbot galt auch für ungedeckte Credit Default Swaps (CDS), also Kreditausfallversicherungen ohne reale Grundlage. Dieses Verbot wurde zwischenzeitlich wieder aufgehoben. Seit 2012 hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) die Befugnis er­halten, Leerverkäufe zu verbieten. Es besteht eine Anzeigepflicht bei Leerver­käufen bei den zuständigen Behörden (in Deutschland bei der BaFin), wenn bestimmte Schwellenwerte erreicht bzw. überschritten werden: Meldepflichtig sind Nettoleerverkaufspositionen in Aktien oder öffentliche Schuldscheintitel, die an einem Handelsplatz in der EU gehandelt werden, wenn sie 0,2% oder mehr des ausgegebenen Kapitals an Aktien oder Schuldscheinen betragen; sie sind im Bundesanzeiger veröffentlichungspflichtig, wenn sie 0,5% oder mehr betragen (EU-LeerverkaufsVO).

Beispiel: Spekulation auf das britische Pfund

Werden solche Strategien in großem Stil verfolgt, wie etwa die Spekulation des Hedgefonds Quantum gegen das britische Pfund im Jahre 1992, so kann dies erhebliche negative Auswirkungen auf eine ganze Volkswirtschaft haben. In der Einschätzung, dass der Wechselkurs des britischen Pfunds aufgrund von Inter­ventionen der Notenbank künstlich hoch gehalten wurde, lieh sich der Hedge­fonds 10 Mrd. Britische Pfund und verkaufte diese am Devisenmarkt, worauf der Wechselkurs stark fiel, weil die Notenbank bei dieser Summe nicht mehr wirksam intervenieren konnte. Nachdem der Kurs gefallen war, kaufte der Hedgefonds die Währung zurück und erzielte dabei einen Gewinn von 1 Mrd. britische Pfund. Die britische Währung musste daraufhin aus dem europäischen Währungsver­bund ausscheiden, mit all seinen negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen (Kamp/Krieger 2005, S.33).

Sanierung und/ oder Zerschlagung

Ereignisorientierte Strategie (Event-driven): Aktivistische Hedgefonds investieren in Unternehmen, die sich in einer Krise befinden. Entweder erwirbt der Hedge­fonds Gesellschaftsanteile, um sie nach erfolgreicher Sanierung oder Zerschla­gung wieder mit Gewinn zu veräußern. Auch für Hedgefonds gilt das Zerschla­gungsverbot (Asset-Stripping) des KAGB innerhalb der ersten 24 Monate nach Kontrollerwerb. Oder der Hedgefonds vergibt Kredite, die das Unternehmen we­gen des hohen Rückzahlungsrisikos hoch verzinsen muss (distressed investing).

Merger-Arbitrage

Aktivistische Hedgefonds kaufen so lange Aktien von Unternehmen, die als Übernahmekandidaten gehandelt werden, wie der Aktienkurs unter dem vermutlicher Tauschangebot des Übernehmers liegt. Geht die Strategie auf, kann der Hedge­fonds bei Vollzug der Übernahme einen Gewinn in Höhe der Differenz zwischen eigenem Kaufpreis und dem Tauschkurs erzielen (merger-arbitrage).

Debt-Equity-Swap

Aktivistische Hedgefonds kaufen Kredite notleidender Unternehmen mit einem hohen Abschlag von Banken auf und wandeln die Kredite dann in Eigenkapital um (Debt-Equity-Swap). Nach dem Gesetz über die Erleichterung der Sanierung von Unternehmen ist dies seit 2011 auch gegen den Willen der Alt-Gesellschaf­ter im Rahmen eines Insolvenzverfahrens möglich. Meist gelingt es ihnen dann, im nächsten Schritt die Alt-Gesellschafter aus dem Unternehmen zu drängen und dann eine Sanierung nach ihren Vorstellungen durchzuführen. Das neue Insol venzrecht erleichtert ihnen dabei den Abbau von Personal und die Verschlechte­rung von in Betriebsvereinbarungen geregelten Arbeitsbedingungen. Nach spä­testens zwei bis drei Jahren werden die so sanierten Unternehmen wieder ver­kauft. Unterschiede zwischen PEG und Hedgefonds betreffen hier vor allem die Haltedauer des Investments.

Hohes Risiko

Allerdings sind aktivistische Hedgefonds auch für deren Anleger eine riskante Ka­pitalanlage. Voth weist darauf hin, dass »bereits im ersten Jahr 2-4 Prozent alle: Fonds wieder ihre Tore (schließen) - zumeist geben sie wegen hoher Verluste den Investoren das Restkapital zurück. Nach dem ersten Jahr steigen die Schließung! zahlen rapide an. Im Durchschnitt geben pro Jahr 5-8 Prozent aller Hedgefonds auf. Kumuliert sind nach fünf Jahren nur noch 58 Prozent aller aufgelegten Fonds aktiv, während 42 Prozent geschlossen und aufgelöst wurden. Das Problem ist besonders schlagend für kleinere Fonds (unter $ 150 Mio. Mittel) (Voth, 2007, S. 16).

Im Rahmen dieser ereignisorientierten Strategien treten Hedgefonds in direkte Konkurrenz zu den PEG (Böttger, 2005, S. 76f.).

In der Anlage 2 sind die wichtigsten Unternehmensübernahmen durch PEG aktivistische Hedgefonds in Deutschland seit 1997 in chronologischer Reihenfolge dargestellt.