SAP Arbeit Management
Einleitung
Einleitung
- Welche Auswirkungen hat die Einführung von integrierter Standardsoftware auf Arbeitsbelastungen und Qualifikationsanforderungen?
- Wird sie zu einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen in den Verwaltungen führen?
- Kann man die Einführung von Standardsoftware wie den SAP-Systemen überhaupt beeinflussen, um Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen für die betroffenen Mitarbeiter herbeizuführen?
Mit solchen und ähnlichen Fragen wurden die Autoren immer häufiger konfrontiert, als gegen Ende der Achtziger Jahre die SAP-Software rasante Verbreitung in den Unternehmen fand. Vor allem Betriebs- und Personalräte blickten mit Sorge auf den Siegeszug der außerordentlich komplexen und deshalb schwer einzuschätzenden Systeme, und auch Berater taten sich schwer, wirklich fundierte Antworten und Ratschläge zu den aufgeworfenen Problemstellungen abzugeben. Deutlich war nur, dass sich durch die vorherrschende technikorientierte Betrachtungsweise keine Antworten würden finden lassen.
Einige Worte zur Vorgeschichte
Vor diesem Hintergrund schlossen sich die im Bereich
arbeitnehmerorientierter Forschung und Beratung tätigen
Institute BIT e.V. (Bochum), forba e.V. (Berlin) und FORBIT
e.V. (Hamburg) zur Arbeitsgemeinschaft arbeitsorientierte
Forschung und Schulung (AFOS) zusammen. Mit der finanziellen Förderung
des Landes Nordrhein Westfalen und der Unterstützung der SAP AG
wurde ein Forschungsprojekt mit dem Titel
Gestaltungsmöglichkeiten integrierter Standardsoftware aus
arbeitsorientierter Sicht am Beispiel der Softwareprodukte R/2
und R/3 von SAP' aufgesetzt. Das
vorliegende Lesebuch ist ein Ergebnis dieses Projekts.
Wozu dieses Lesebuch?
In Anbetracht der Komplexität der SAP-Systeme erscheint es nur natürlich, dass sich viele Betriebe in den Einführungsprojekten über- wiegend um die Beherrschung der Technik bemühen und Fragen der Organisation, der Arbeitsgestaltung, der Personalentwicklung am liebsten aus der Projektarbeit heraushalten würden. Denjenigen im Betrieb, die nicht über das Wissen der Techniker verfügen, fällt es andererseits schwer, ihre Befürchtungen und ihre Zielvorstellungen bzgl. der Einführung so zu formulieren, dass es zu einem fruchtbaren Dialog mit der Projektgruppe kommt. Und dieses Problem haben nicht nur Sachbearbeiter in der Fachabteilung oder Betriebsräte, sondern es reicht bis in die obersten Führungsebenen. Im Ergebnis werden Systeme in Betrieb genommen, die zwar technisch funktionieren, deren Potential aber nur zu einem kleinen Teil zugunsten einer Modernisierung der Organisation oder Verbesserung der Arbeitsbedingungen genutzt wird. In dieser Situation soll das vorliegende Buch Anregungen und Verständigungshilfen geben. Es wendet sich an Mitglieder von SAP- Projektgruppen ebenso wie an Organisatoren und Arbeitssicherheitsfachkräfte, an Abteilungsleiter ebenso wie an von der Umstellung betroffene Sachbearbeiter, an Personalplaner und Weiterbildungsfachkräfte ebenso wie an Betriebs- und Personalräte. Das Buch will nicht nur sachliche Zusammenhänge zwischen diesen häufig heillos entfremdeten Tätigkeitsfeldern aufzeigen, es soll auch den Dialog erleichtern, indem es Grundbegriffe erläutert und soweit wie möglich eine allgemeinverständliche Sprache wählt.
Der Hintergrund: Erfahrungen von Praktikern
Die Anregungen in diesem Buch sind nicht am grünen Tisch entstanden. Sie sind Ergebnisse von mehr als dreijähriger Forschungsarbeit zu diesem Thema, in deren Verlauf Fallstudien und Beratungen in mehr als 50 SAP- Anwenderbetrieben durchgeführt wurden. Vieles, was wir hier präsentieren, beruht auf den Erfahrungen von Praktikern, die uns in unzähligen Interviews und Gesprächen mitgeteilt wurden. Wir haben aber natürlich auch selbst Untersuchungen angestellt und zu diesem Zweck u. a. unsere eigenen R/2- und R/3-Installationen betrieben.
Als das Forschungsprojekt vor fast vier Jahren aus der Taufe gehoben wurde, bot die SAP nur das Zentralrechnersystem R/2 an. Das Nachfolgesystem R/3 existierte nur als Ankündigung. Erst im Verlauf des Projekts hatten wir die Möglichkeit, uns mit den Besonderheiten von R/3 zu befassen und die Übertragbarkeit unserer Ergebnisse auf R/3 zu verifizieren. Viele Aussagen dieses Lesebuchs gelten für R/2- und R/3-Anwendungen gleichermaßen. Wo dies nicht der Fall ist, haben wir auf die Unter- schiede und Besonderheiten hingewiesen.
Im Sinne eines exemplarischen Vorgehens haben wir uns vor allem mit Anwendungen in der Logistik befasst, also mit Funktionen vom Einkauf über die Lagerwirtschaft und Produktion bis zu Vertrieb und Versand. Wir gehen davon aus, dass sich die meisten grundsätzlichen Aussagen auch auf die anderen Anwendungsfelder übertragen lassen, allerdings geben wir für diese Bereiche nur wenige Beispiele.
Zum Aufbau
Uns ist bewusst, dass jeder Betrieb und jedes SAP-Projekt anders sind. Den allgemein selig machenden Weg zur richtigen SAP-Gestaltung können und wollen wir nicht angeben. Das Lesebuch soll ein Steinbruch sein, aus dem interessierte Anregungen und Verständnishilfen schöpfen können. Wir haben deshalb die Form eines Mosaiks aus Erläuterungen, Erfahrungen und Meinungen gewählt, das insgesamt hoffentlich doch ein Gesamtbild erkennen lässt, aber es dem Leser nicht aufdrängt. Damit die Beschäftigung mit der von Vielen als trocken empfundenen Materie nicht nur zur Last wird, haben wir neben der Darstellung technischer und organisatorischer Grund- lagen auch Fallbeispiele, Interviews und kontroverse Meinungen aufgenommen.
Für Leser, die an einer Vertiefung und systematischeren Darstellung interessiert sind, wurde vom Forschungsprojekt ein "Soziales Pflichtenheft für Anwender" veröffentlicht.
Das Material ist in fünf Abschnitte gegliedert:
- Das erste Kapitel informiert über die technischen Besonderheiten der SAP-Systeme und gibt erste Hinweise darauf, welche Konsequenzen diese Besonderheiten für die Organisation und die Arbeitsgestaltung haben können.
- Das zweite Kapitel vertieft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen den technischen Grundkonzepten der integrierten Standardsoftware und ihrem organisatorischen und sozialen Umfeld. Vor allem hier wird fündig, wer Informationen über die Auswirkungen von SAP-Software sucht.
- Letztlich geht es jedoch nicht nur darum, Auswirkungen zu diagnostizieren, so als wären diese unabänderlich. Vor dem Schritt zu einer bewussten Gestaltung auch der sozialen Dimensionen der Systemanwendung muss eine klare Zielsetzung stehen. Das dritte Kapitel befasst sich daher mit unterschiedlichen Leitbildern der Arbeitsgestaltung.
- Als Hilfe für die praktische Umsetzung von Leitbildern stellt das vierte Kapitel unter dem Titel "Stellschrauben" die technischen Ansatzpunkte dar, die für arbeitsorientierte Technikgestaltung genutzt werden können.
- Im Mittelpunkt des fünften Kapitels steht das Einführungsprojekt. Hier wird dargestellt, zu welchem Zeitpunkt, anlässlich welcher Arbeitsschritte und durch weiche Stellen oder Personen arbeitsorientierte Inhalte sinnvollerweise eingebracht werden können.
Danksagungen
Das Projekt, aus dem dieses Lesebuch hervorging, wurde im Rahmen des Programms ,Sozialverträgliche Technikgestaltung' vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein Westfalen gefördert. Wir danken der SAP AG, die uns nicht nur ihre Software für unsere Untersuchungen kostenlos überließ, sondern uns auch Gelegenheit zu zahlreichen Gesprächen und Workshops mit ihren Entwicklern und Beratern gab. Wir danken ferner unseren zahlreichen Gesprächspartnern in den Projektgruppen und Fachabteilungen der Anwenderbetriebe, die uns ihre Erfahrungen mitteilten und dabei viel Zeit opferten. Ohne die geschilderte Förderung und Unterstützung wäre dieses Buch nicht zustande gekommen.
Wir wünschen viel Spaß und Gewinn beim Lesen.
Die Redaktion
Dipl.-Inform. Thomas Barthel, Dipl.-Inform. Michael Kühn,
Dr. Reinhard Linz,
Dipl.-Inform. Ulrich Mott.